Kopie nach Luca Cambiaso

(Moneglia 1527 – Madrid 1585)

Kopfstudien, 2. Hälfte 16. Jh.

Kohle, Feder in Braun, braun laviert, kaschiert, Papier mit Faltspuren, 33,7 x 29,2 cm (Blatt stark ausgerissen; oben rechts ein größeres Stück herausgeschnitten)

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17074

Literatur:

unpubliziert

Das zeichnerische Werk des Genuesers Luca Cambiaso ist ausgesprochen schwierig zu fassen. Von kaum einem anderen italienischen Künstler des 16. Jahrhunderts haben sich so viele Werkstattwiederholungen, Kopien, Varianten und Nachahmungen erhalten. Häufig ist die Scheidung der eigenhändigen Zeichnungen von den Kopien ausgesprochen problematisch.[1] Die Vorlage für das großformatige Kasseler Studienblatt, in dem in zwei Reihen übereinander diverse Köpfe in wechselnden Ansichten erprobt wurden, scheint ausschließlich in Kopien überliefert zu sein, von denen die meisten beschnitten sind. Hier wurde die erste Reihe oben bis auf einen weiblichen Kopf links abgeschnitten. Dass auch unten noch eine Reihe entfernt wurde, dafür sprechen drei Kopffragmente, die sich an der unteren Blattkante erhalten haben.

Die beste Vorstellung von der originalen vierzeiligen Zeichnung Cambiasos vermittelt eine der wenigen unbeschnittenen Nachzeichnungen in Madrid[2] (Abb. 1), durch die die Kasseler Zeichnung komplettiert werden kann. Die beiden mittleren Zeilen stimmen bis in die Details hinein mit dem Kasseler Blatt überein, ergänzen sie jedoch am rechten Blattrand jeweils noch um einen Kopf. Weitere Nachzeichnungen befinden sich in Florenz[3] (Abb. 2), Düsseldorf[4] (Abb. 3), Madrid[5] (Abb. 4) sowie im Kunsthandel. Darüber hinaus haben sich drei Blätter aus der Nachfolge Cambiasos erhalten, die dafür sprechen, dass er noch ein weiteres Studienblatt mit Köpfen geschaffen hat.[6]

Ähnliche Kopfstudien haben sich vereinzelt auch von anderen Künstlern des 16. Jahrhunderts erhalten.[7] Es scheint sich dabei weniger um Studien zu handeln, die als Vorlagen oder als Motivvorrat für Gemälde entstanden, sondern um Musterblätter, die im Rahmen der künstlerischen Ausbildung genutzt wurden. So erinnern der strenge Aufbau in Reihen, die Verwendung verschiedener Ansichten vom Vollprofil bis zur En-face-Darstellung und die wechselnden Kopfbedeckungen in dem Blatt von Cambiaso an deutsche Zeichenbücher des 16. Jahrhunderts, in denen ähnliche, wenn auch vereinfachte Kopfstudien vorgestellt wurden.[8] Derartige Publikationen sollen neben dem Werk Albrecht Dürers (1471–1528) den um 1565 ausgebildeten charakteristischen Zeichenstil Cambiasos geprägt haben, bei dem er den menschlichen Körper auf einfache kubische Grundformen zurückführte.[9]

[1] Vgl. dazu Olszewski 1999; Kat. Zürich 2004, S. 38.

[2] Feder in Braun, braun laviert, 47 x 34 cm, Madrid, Museo del Prado, Inv. Nr. D-1668 (FD 1412) (Turner 2004, Nr. 106 mit Abb.). Ein weiteres Exemplar tauchte 1985 im Kunsthandel auf (Kat. Genua 1985, Nr. 33, Abb. 41).

[3] Feder in Braun, braun laviert, 23 x 34 cm, Florenz, Uffizien, Inv. Nr. 13734. Das Blatt zeigt die oberen beiden Reihen (Suida Manning/Suida 1958, Abb. 453). Gleichfalls die beiden oberen Reihen zeigt ein Blatt aus dem Kunsthandel (Feder in Braun, braun laviert, 23,3 x 28,2 cm; London, Sotheby’s 10.10.1974, lot 289).

[4] Feder in Braun, braun laviert, 22,6 x 35,7 cm, Düsseldorf, museum kunst palast, Graphische Sammlung, Inv. Nr. FP 3795 (Kat. Düsseldorf 1969/1970, Nr. 25). Das Blatt zeigt die beiden unteren Reihen ebenso wie eine Kopie, die sich 1968 in der H. Sickman Gallery in New York befand (Foto Witt Library).

[5] Feder in Braun, braun laviert, 13 x 23,6 cm, Madrid, Museo del Prado, Inv. Nr. D-1928 (FD 725) (Turner 2004, S. 238 mit Abb.). Das Blatt ist bis auf vier Köpfe der dritten Reihe beschnitten.

[6] Dem Original am nächsten scheint wiederum ein Blatt in Madrid zu kommen: Feder in Braun, 34,2 x 47 cm, Madrid, Museo del Prado, Inv. Nr. D-1669 (FD 520) (Turner 2004, Nr. 107). Die rechte Hälfte dieses Blattes wird wiederholt in einem Exemplar der Accademia in Venedig (Feder in Braun, 34,5 x 23,8 cm, Inv. Nr. 418; Kat. Venedig 2002/2003, Nr. 17); die linke Hälfte stark variiert in einer Zeichnung im Art Institute of Chicago (Feder in Braun, 35,6 x 25,8 cm, Leonora Hall Gurley Memorial Collection, 1922.2240; McCullagh/Giles 1997, Nr. 461).

[7] Vgl. etwa: Schule des Baccio Bandinelli, Kopfstudien, Feder in Braun, 15 x 46,3 cm, Florenz, Uffizien, Inv. Nr. 502F (Petrioli Tofani 1991, Nr. 502 F); Palma il Giovane, Kleines Zeichenbuch, Paris, Frits Lugt Collection, fol. 2v, 4v oder 5v (Shaw 1983, Nr. 249).

[8] Vgl. etwa das 1559 erschienene „Kunstbüchlein“ von Heinrich Vogtherr (Kat. Nürnberg 1980, Nr. 13 mit Abb.).

[9] Magnani 1995, S. 147ff.

Veröffentlicht am 09.09.2008

Letzte Aktualisierung am 15.08.2012

Abb. 1

Abb. 1

Kopie nach Luca Cambiaso

Madrid, Museo del Prado, Inv.Nr. Inv. Nr. D-1668 (FD 1412)

© Madrid, Museo del Prado

Veröffentlicht am 20.01.2009

Letzte Aktualisierung am 10.02.2009

Abb. 2

Abb. 2

Kopie nach Luca Cambiaso

Florenz, Uffizien, Inv.Nr. Inv. Nr. 13734

© Sopraintendenza Speziale per il Patrimonio Storico, Artistico ed Etnoantropologico e per il Polo Museale della Città di Firenze

Veröffentlicht am 10.09.2008

Letzte Aktualisierung am 10.02.2009

Abb. 3

Abb. 3

Kopie nach Luca Cambiaso

Düsseldorf, museum kunst palast, Sammlung der Kunstakademie (NRW), Inv.Nr. Inv. Nr. KA (FP) 3795

© Düsseldorf, museum kunst palast, Sammlung der Kunstakademie (NRW)

Veröffentlicht am 10.09.2008

Letzte Aktualisierung am 13.08.2009

Abb. 4

Abb. 4

Kopie nach Luca Cambiaso

Madrid, Museo del Prado, Inv.Nr. Inv. Nr. D-1928 (FD 725)

© Madrid, Museo del Prado

Veröffentlicht am 20.01.2009

Letzte Aktualisierung am 10.02.2009

Abb. 1


Abb. 2


Abb. 3


Abb. 4