Kopie nach Luca Cambiaso

(Moneglia 1527 – Madrid 1585)

Venus trauert um Adonis, nach 1600

Feder in Schwarz auf Papier, 27,9 x 41 cm

Unten rechts nicht identifizierter Sammlerstempel

Provenienz:

Heinrich Beckmann, Bremen (Lugt 2756a); Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17404

Literatur:

Auktionskat. Kunstantiquariat Arno Winterberg 15.4.1972, Nr. 219 mit Abb. (als Antonio Balestra, Trunkener Bacchus mit Nymphen und Amor)

Auch von dieser Zeichnung Cambiasos haben sich mehrere Exemplare erhalten. Bei der originalen Vorlage der Kasseler Kopie handelt es sich vermutlich um ein Blatt in Frankfurt (Abb. 1), das 1779 von Johann Gottlieb Prestel (1739–1808) als seitenverkehrter Faksimiledruck herausgebracht wurde (Abb. 2).[1] Eine weitere Kopie tauchte 2006 im Kunsthandel auf.[2]

Der Tod des schönen Adonis, der die Warnung seiner Geliebten Venus missachtete und auf der Jagd ums Leben kam, wird in den Metamorphosen des Ovid geschildert (met. 10, 707–738). Cambiaso hat sich in Gemälden und Zeichnungen mehrfach mit dem Thema auseinandergesetzt. Die meisten dieser Szenen, die zum Teil in mehreren Werkstattwiederholungen, Kopien und Varianten vorliegen, beschränken sich in immer wieder veränderten Konstellationen auf die beiden Hauptfiguren, die trauernde Venus und den toten Adonis, den sie umschlungen hält. Als Begleitfigur taucht meistens nur Amor auf.[3] Bei der Frankfurter Zeichnung und ihren Kopien wurde dieser Personenkreis dagegen um die drei Grazien erweitert, die nach Boccaccio die folgsamen Mägde der Venus waren und die Mächte, die zur Liebe hinführen.[4] Cambiaso hat sie deshalb hinter der Liebesgöttin angeordnet, während die beiden Hunde und der Jagdköcher zu Seiten von Adonis erscheinen, um auf die Ursache seines Todes zu verweisen. Als Gefolge der Venus hat Cambiaso die drei Grazien auch in anderem thematischen Zusammenhang gemeinsam mit der Liebesgöttin dargestellt.[5]

Ein Gemälde, auf das sich die Zeichnung bezieht, konnte bislang nicht ausgemacht werden. Bertina Suida Manning und William Suida erwähnen jedoch eine in diesem Zusammenhang interessante Quelle. 1661 erkundigten sich die Brüder Giovanni Benedetto und Salvatore Castiglione im Auftrag des Fürsten Carlo II. in Genua nach verkäuflichen Bildern. Auf der Liste von 37 Gemälden aus der Sammlung G. Vincenzo Imperiale, die die Brüder zusammenstellten, befindet sich auch das folgende Gemälde: „Adone morto in braccio a Venere con le Gratie del Cambiaggio, 6 palmi x 7 palmi“. In einem Brief vom 27.10. beschreibt Salvatore Castiglione dieses Bild noch einmal genauer: „L’altra [pittura] esprime Adone estinto in braccio a Venere, la quale resa per il perduto bene inconsolabile si distilla insieme con le commiseranti Gratie in amarissime lacrime.“[6] Ob dieses Gemälde, wie Suida Manning und Suida vermuten, eine Beziehung zu der Frankfurter Zeichnung hat, kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden.[7] Die Quelle belegt aber zumindest, dass Cambiaso auch ein Gemälde geschaffen hat, in dem der Personenkreis beim Tod des Adonis um die drei Grazien erweitert wurde. Eine weitere zeichnerische Variante des Themas, nach der Cambiaso einen Holzschnitt schuf, befindet sich in London.[8] Wie auf dem Kasseler Blatt ist auch dort die Szene auf einem Plateau angeordnet, von dem aus der Betrachter einen weiten Ausblick in eine Landschaft mit Architekturkulisse erhält. Die Szene ist jedoch seitenverkehrt angelegt und ordnet außerdem die Grazien im Halbkreis um die beiden Hauptfiguren an.

[1] Feder in Braun auf zartbräunlich getöntem Papier, kaschiert, 28,1 x 41,6 cm, durchgeriffelt, Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut, Inv. Nr. 591 (Kat. Frankfurt a. M. 1980, Nr. 30; Bober 2006, S. 80, Abb. 10). Die Durchriffelung wurde vermutlich im Zusammenhang mit dem Prestel-Druck durchgeführt (Dessins des meilleurs Peintres des Pay-Bas, d’Allemagne et d’Italie du Cabinet de Monsieur Gérard Schmidt à Hambourg gravés d’après les Originaux de même grandeur par Jean Théophile Prestel Peintre. 30 Bl. 1779. Chez Artaria & Co. Vienne, gr. fol., Nr. 25).

[2] Feder in Braun, 24,8 x 31,9 cm (Auktionskat. Ketterer Kunst 28.10.2006, lot 81).

[3] Vgl. etwa das Gemälde der Galleria Nazionale in Rom (Suida Manning/Suida 1958, Tf. 107, Abb. 340). Im Inventaire informatisé du département des arts graphique des Louvre <http://arts-graphiques.louvre.fr/fo/visite?srv=home> (09.09.2008) sind etliche Zeichnungen von Cambiaso zu diesem Thema abrufbar.

[4] Mertens 1994, S. 158.

[5] Vgl. etwa: Amor verspottet einen Satyr in Anwesenheit von Venus und den drei Grazien, Feder in Braun, braun laviert, 29 x 29,7 cm, Princeton, Art Museum, Inv. Nr. 48-657 (Suida Manning/Suida 1958, S. 192, Taf. 107, Abb. 170).

[6] Zit. nach Suida Manning/Suida 1958, S. 89.

[7] Suida Manning/Suida (1958, S. 89) beziehen die Quelle auf den Prestel-Druck, den sie als Abb. 128 fälschlicherweise als Holzdruck abbilden.

[8] Feder in Braun, braun laviert, 27,2 x 37,1 cm, London, Courtauld Institute of Art, Witt Collection, Inv. Nr. 607 (Foto Witt Library HB 364708). Zum Holzschnitt vgl. Tanner/Matile 2005, Abb. S. 139.

Veröffentlicht am 10.09.2008

Letzte Aktualisierung am 31.03.2009

Abb. 1

Abb. 1

Luca Cambiaso

Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut, Inv.Nr. Inv. Nr. 591

© Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 28.03.2009

Abb. 2

Abb. 2

Johann Gottlieb Prestel nach Cambiaso

Frankfurt , Städelsches Kunstinstitut, Inv.Nr. ohne Inv. Nr.

© Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut

Veröffentlicht am 10.09.2008

Letzte Aktualisierung am 10.02.2009

Abb. 1


Abb. 2