Unbekannt


Kopf einer jungen Frau, um 1550

Schwarze, rote und gelbe Kreide auf grauem Papier, 15,3 x 12,2 cm

Provenienz:

Landgrafen von Hessen-Kassel

GS 5083

Literatur:

Kat. Kassel 2000, S. 42, Nr. 13 (als Federico Barocci), Abb. S. 43

Das kleinformatige Studienblatt in farbiger Kreide auf grauem Papier aus der Sammlung der Landgrafen von Hessen-Kassel zeigt einen Frauenkopf von idealtypischer Schönheit, der aus dem Vollprofil leicht nach rechts geneigt ist. Aus fast geschlossenen Lidern blickt die junge Frau verhalten und in sich gekehrt nach unten. Mit schwarzer Kreide hat der Zeichner zunächst die Konturen des Kopfes festgelegt, die langen, in einem sanften Schwung über die Schulter fallenden Locken angedeutet und mit enggesetzten Schraffuren die Schattenzonen in den Augenhöhlen, auf den Wangen, unterhalb der Nase, auf dem Kinn und am Hals gekennzeichnet. Anschließend kolorierte er das Gesicht mit einem zarten Rotton und verlieh den Haaren durch einen ockerfarbenen Stift Lebendigkeit. Den oberen Kontur des Kopfes hatte der Zeichner offensichtlich zunächst zu weit oben angesetzt und musste hier im Verlauf des Zeichenprozesses korrigierend eingreifen.

Die Studie wurde 2000 erstmals von Jürgen Lehmann unter der alten Zuschreibung an Federico Barocci publiziert. Diese Zuschreibung vermag heute nicht mehr zu überzeugen. Zu offensichtlich ist der leonardeske Charakter des Studienkopfes, der eine Entstehung in der umfangreichen Nachfolge des Meisters in der Lombardei wahrscheinlich macht.[1] Auch die Technik der farbigen Kreidezeichnung war in der Nachfolge Leonardos in Norditalien sehr verbreitet.[2]

[1] Ähnliche Kopftypen tauchen etwa bei Andrea Solario auf. Vgl. den Kopf der hl. Katharina, Mailand, Museo Poldi Pezzoli (Marani 1987, Abb. 80). – Giulio Bora hat in seinem Schreiben von 04.07.2007, für das ihm herzlich gedankt sei, die Entstehung der Zeichnung in der Lombardei, vermutlich von einem Künstler, der sich von Leonardo inspirieren ließ, bestätigt, ohne die Zuschreibung konkretisieren zu können.

[2] Vgl. dazu Meder 1919, S. 136.

Veröffentlicht am 06.09.2008

Letzte Aktualisierung am 29.01.2009