Paolo de Matteis zugeschrieben

(Piano del Cilento 1662 – Neapel 1728)

Raub der Proserpina, um 1690

Graphit, Pinsel in Grau, grau laviert auf Papier, 22 x 30 cm

Oben rechts mit roter Feder bez: 2142; unten links unleserliche, getilgte Bezeichnung

Provenienz:

Christian Hammer (1818–1905), Stockholm (Lugt 1237); Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17109

Literatur:

unpubliziert

Der „Raub der Proserpina“ ist eindeutig derselben Hand zuzuweisen wie die „Entführung Helenas“ (GS 17117). Beide Blätter haben annähernd dasselbe Format, wurden auf Papier derselben Qualität in ein und derselben Zeichentechnik ausgeführt und weisen beide rückseitig den Sammlerstempel von Christian Hammer (1818–1905), Stockholm, auf (Lugt 1237). Da sie sich auch thematisch aufeinander beziehen, liegt die Vermutung nahe, dass sie mit einer Folge von großformatigen Raptusszenen Luca Giordanos (1634–1705) in Zusammenhang stehen. Als Autor hat Giuseppe Scavizzi den Giordano-Schüler Paolo de Matteis vorgeschlagen, der sich häufig an den mythologischen Darstellungen seines Lehrers orientiert hat und ihm auch stilistisch sehr nahestand.[1]

Während bei der „Entführung Helenas“ das Gemälde nachgewiesen werde konnte, mit dem die Zeichnung in Zusammenhang steht, ist dies bei der vorliegenden Zeichnung noch nicht gelungen. Möglicherweise gibt das Blatt also ein verlorenes Gemälde Giordanos wieder. Zwei Gemälde mit ebendiesen Themen „figure (al naturale)“ befanden sich im 18. Jahrhundert im „P.[alazzo] Ranuzzi del Senatore“ in Bologna.[2]

Die beiden Kompositionen, der „Raub der Proserpina“ und die „Entführung Helenas“, scheinen als Kontrastpaare konzipiert worden zu sein. Während Giordano bei der „Entführung Helenas“ die ikonographische Variante wählte, bei der Helena einvernehmlich mit Paris flieht, legte er bei dem „Raub der Proserpina“ den Akzent auf die gewaltsame Handlung und inszenierte das Sträuben der Frau, um mehr erzählerische Abwechslung zu erzeugen. Im Zentrum der Darstellung ist Pluto, der Gott der Unterwelt, dargestellt, der Proserpina von hinten gepackt und emporgehoben hat, um die sich heftig Wehrende zu seinem Wagen zu schleppen. Schemenhaft sind rechts davon weitere Personen sowie der Wagen angedeutet.

[1] Die Zuschreibungsproblematik wird unter GS 17117 abgehandelt.

[2] Calbi/Scaglietti Kelescian 1984, S. 115; Ferrari/Scavizzi 1992, S. 389.

Veröffentlicht am 08.09.2008

Letzte Aktualisierung am 11.10.2012