Lorenzo Lippi
(Florenz 1606 – Florenz 1665)Garzone-Studie für das Gemälde „Lot und seine Töchter“ in den Uffizien; rückseitig Studie eines Armes
Rötel auf Papier, 39,4 x 24,5 cm (oben mittig ergänzte Fehlstelle)
Provenienz:
Nachlass Erich Herzog, Kassel
GS 17098
Literatur:
unpubliziert
Die großformatige, sorgfältig ausgeführte Figurenstudie in Rötel mit der alten Zuschreibung an Jacopo da Empoli (1551–1640) konnte durch einen freundlichen Hinweis von Elisa Acanfora, Florenz, eindeutig mit Lorenzi Lippi und dessen Gemälde „Lot und seine Töchter“ in den Florentiner Uffizien (Abb. 1) verbunden werden.[1] Das Gemälde, das um 1655 datiert wird, zeigt in einer strengen, puristischen Komposition die beiden Töchter von Lot, die ihrem Vater ein Glas Wein reichen, um den Trunkenen zu verführen. Bot die alttestamentarische Erzählung häufig den Rahmen für erotische Anspielungen, so rechtfertigte Lippi die Handlungsweise der beiden Töchter durch ihr züchtiges Auftreten als Notwendigkeit zum Erhalt der Sippe.
Lippi hat die meisten seiner Gemälde akribisch durch Figurenstudien vorbereitet.[2] Wie es den Florentiner Werkstattgepflogenheiten seit dem 15. Jahrhundert entsprach, mussten die Lehrjungen – „garzone“ – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Kleidung für alle darzustellenden Personen posieren, weshalb diese Blätter auch als Garzone-Studien bezeichnet werden.
Die Kasseler Zeichnung, die einen der Lehrjungen in der Pose des Lot zeigt, stimmt bis in die Details mit der ausgeführten Version überein. Während sonst die Lehrjungen häufig in ihrer Alltagskleidung Modell standen, erprobte Lippi nicht nur die korrekte Haltung anhand des Modells, sondern auch den Fall des samtigen roten Gewandes. Abweichungen ergeben sich nur beim Kopf. Im Gemälde musste der Knabe durch einen alten Mann ersetzt werden. Zu den beiden Töchtern des Lot konnten bislang keine Vorzeichnungen nachgewiesen werden.
Die rückseitige Studie einer aufgestützten Hand könnte sich auf das Gemälde „Erminia bei den Hirten“ in der Sammlung Rospigliosi in Pistoia[3] beziehen, das in denselben Zeitraum datiert wird wie das Florentiner Bild. Dort stützt sich ein Hirte im Zentrum des Bildes mit dem Arm auf einem Stein ab. Seine Gesichtszüge und sein Hemd stimmen weitgehend mit dem Lot des Florentiner Gemäldes überein, so dass vermuten werden kann, beide Gemälde seien nicht nur zeitnah ausgeführt, sondern auch zeitnah entworfen worden.
[1] Öl auf Leinwand, 1,48 x 1,85 m, Florenz, Uffizien (Kat. Florenz 1986/1987, Nr. 1.182 mit Abb.; D’Afflitto 2002, Nr. 121 mit Abb.).
Veröffentlicht am 06.09.2008
Letzte Aktualisierung am 13.08.2009