Pietro Dandini zugeschrieben

(Florenz 1646 – Florenz 1712)

Gastmahl des Belsazar, um 1700

Schwarze Kreide, Feder in Dunkelbraun auf Papier, 22,9 x 34,4 cm

Unten links mit brauner Feder bez.: Dandini f.

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17322

Literatur:

Auktionskat. Karl und Faber 28.–29.11.1974, Nr. 118

Das Gastmahl des Belsazar war in Renaissance und Barock ein beliebtes und häufig dargestelltes Thema, um prunkvolle Gerätschaften, exotische Kostüme und ein dramatisches Geschehen in Szene zu setzen. Nach Dan. 5, 1–30 veranstaltete der babylonische König Belsazar ein verschwenderisches Gastmahl, bei dem er das kostbare, von seinem Vater aus dem Tempel von Jerusalem geraubte Gerät zum Tafelgeschirr degradierte, als plötzlich eine Hand erschien und die rätselhaften Worte „Mene mene tekel upharsin“ an die Wand schrieb. Der Prophet Daniel, um Rat gefragt, deutete die Erscheinung als Hinweis auf den baldigen Untergang des Reiches von Belsazar, der noch in derselben Nacht von seinen Gefolgsleuten erschlagen wurde.

Die mit schwarzer Kreide grob angelegte, mit der spitzen Feder zügig übergangene Skizze mit der alten Zuschreibung an ein Mitglied der Florentiner Malerfamilie Dandini konzentriert sich auf das dramatische Geschehen an der Tafel, unmittelbar nachdem die göttliche Hand erschienen ist. Parallel zur unteren Bildkante ordnete der Zeichner eine lange Tafel an, in deren Mitte der König platziert ist. Links hinter der Tafel werden auf einer Kredenz kostbare Tafelgerätschaften präsentiert. Rechts davon befindet sich eine Tür mit einem Vorhang, durch die gerade einer der Gäste den Saal betritt. Darüber erscheint im Türsturz schemenhaft die schreibende Hand. Während die Gäste, entsetzt den Blick zu der Erscheinung gerichtet, in wilder Hast auseinanderstieben, scheint Belsazar, vor Schreck erstarrt, innezuhalten.

Von Pietro Dandini hat sich ein Tafelbild mit dem Gastmahl des Belsazar erhalten, das trotz aller Unterschiede in den Details demselben kompositionellen Aufbau folgt.[1] Auch hier richtet der Maler den Fokus auf die Tafel, die im engen Bildausschnitt parallel zur unteren Bildkante plaziert ist. Erneut stürzen die Gäste in alle Richtungen davon. Belsazar wurde jedoch aus der Mitte nach links verrückt. Diese Änderung kommt der Stringenz der Bilderzählung zugute, denn in der alten Position hätte der König die Erscheinung, die sich in seinem Rücken abspielte, eigentlich gar nicht wahrnehmen können. Wirkungsvoll unterstützt Dandini in dem Gemälde die Dramatik des Geschehens durch die Beleuchtung, die vom Zentrum aus die Personen schlaglichtartig erhellt. Bei der Kasseler Zeichnung könnte es sich möglicherweise um eine erste, noch grobe Ideenskizze zu dem Tafelbild handeln, die zwar im Grundgerüst beibehalten, in den Details aber komplett überarbeitet wurde, um eine schlüssigere Erzählung des Geschehens zu erreichen.

Das zeichnerische Werk von Pietro Dandini, das, wie schriftliche Quellen bezeugen, ehemals sehr umfangreich gewesen sein muss, ist bislang nur unzureichend bearbeitet.[2] Mit ihrer raschen Zeichenweise und der Überarbeitung mit der Feder steht die Kasseler Zeichnung stilistisch im bislang publizierten zeichnerischen Oeuvre von Dandini eher isoliert da.

[1] Moskau, Staatliches A. S. Puschkin-Museum für bildende Künste (Cerboni Baiardi 2000, S. 127, Taf. 125).

[2] Die Familie Dandini besaß eine umfangreiche Zeichnungssammlung von über 5000 Blatt, die von Ottaviano Dandini zusammengetragen worden war. Im 18. Jahrhundert ordnete Giovanni Targioni Tozzetti die Blätter neu und versah sie mit den Initialen der Familienmitglieder, die die Zeichnungen angefertigt hatten. Darunter befanden sich nach dem Verzeichnis von Tozzetti über 1500 Zeichnungen von Pietro Dandini (Cerboni Baiardi 2000, S. 127f.). Zu Pietro Dandini allgemein vgl. Bellesi 1991.

Veröffentlicht am 06.09.2008

Letzte Aktualisierung am 31.03.2009