Fabrizio Boschi zugeschrieben

(Florenz 1572 – Florenz 1642)

Bauern bei der Feldarbeit, um 1620/30

Rötel auf Papier, 14,8 x 17,5 cm

Rückseitig mit schwarzer Feder bez.: Fabrizio Boschi [teilweise abgeschnitten]

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17325

Literatur:

unpubliziert

Seit den 70er Jahren des 16. Jahrhunderts tauchen in der Florentiner Zeichenkunst vereinzelt schlichte Szenen aus dem Alltagleben auf – eine sinnierend auf einem Schemel sitzende Frau in ihrer Arbeitskleidung, ein Mädchen beim Stricken, ein fegender Mann oder, wie in diesem Fall, Bauern bei der Feldarbeit.[1] Meist in schwarzer Kreide oder Rötel nach dem Leben gezeichnet, zeigen die Studien das neu erwachte Interesse der Maler an einer sachlichen Schilderung ihrer Umgebung sowie ihre genaue Beobachtungsgabe. Trotz ihrer spontanen, unmittelbaren Wirkung dienten einige der Studien dennoch der Vorbereitung von Gemälden. Bei der Kasseler Zeichnung mit ihrer alten Zuschreibung an Fabrizio Boschi konnte bislang keine Beziehung zu einem ausgeführten Werk nachgewiesen werden. Dargestellt sind drei Bauern in Rückenansicht bei der Arbeit mit der Hacke oder Sense. Während die beiden vorderen detailliert geschildert werden, ist der dritte am linken Bildrand nur schemenhaft im Umriss skizziert. Aufmerksam hat der Zeichner den Bewegungsablauf der Figuren studiert, das Licht eingefangen, das auf ihrer Kleidung spielt, sowie den Wind, der den langen Rock des einen Bauern um seine Beine fegt.

Von Fabrizio Boschi haben sich mehrere Figurenstudien in schwarzer Kreide oder Rötel erhalten, die eindeutig mit bestimmten Gemälden verbunden werden können.[2] In ihrer Funktion, dem Studium komplexer Bewegungsabläufe, der Festlegung des Gewandverlaufs und der Verteilung von Licht und Schatten zeigen sie durchaus Übereinstimmungen mit der Kasseler Studie. Die stilistischen Unterschiede lassen dagegen Zweifel an der traditionellen Zuschreibung an Boschi aufkommen. So zeigt etwa die Studie eines Bogenschützen für das Martyrium des hl. Sebastian in S. Felicita in Florenz[3] zwar Parallelen zu der Kasseler Skizze in dem gekonnt eingefangenen Bewegungsmotiv und in den flatternden Gewandsäumen, die Art der Strichführung ist jedoch jeweils unterschiedlich. Während die Schraffuren beim Rock des vorderen Bauern der Kasseler Skizze dem Verlauf der Faltenzüge folgen, zeigt die Florentiner Studie eines Bogenschützen die für Boschi typischen schrägen Parallelschraffuren. Christel Thiem hat denn auch aus stilistischen Gründen die Zuschreibung des Kasseler Blattes an Boschi abgelehnt,[4] während Heiko Damm, Florenz, die Zeichnung für eigenhändig hält.[5]

[1] Vgl. etwa Thiem 1977/1, S. 264, Nr. 1, Abb. 1; Kat. Florenz 1986/1987, Nr. 2.101 mit Abb.; Kat. Detroit 1988, Nr. 84 mit Abb.; Kat. Saarbrücken 1997, Nr. 70 mit Abb.

[2] Zahlreiche Beispiele finden sich in Kat. Florenz 2006, S. 34–56.

[3] Rötel, 29,5 x 14 cm, Florenz, Uffizien, Gabinetto Disegni e Stampe, Inv. Nr. 9412 F (Thiem 1969, S. 148, Taf. 22).

[4] Brief vom 20.05.2006. Für ihre Auskünfte sei Christel Thiem herzlich gedankt.

[5] E-Mail vom 22.10.2008. Ich danke Heiko Damm für seine Auskünfte.

Veröffentlicht am 19.01.2009

Letzte Aktualisierung am 13.08.2009

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Rückseite GS 17325

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