Kopie nach Sigismondo Coccapani

(Florenz 1583 – Florenz 1643)

Der hl. Antonin bestraft zwei blinde Betrüger nach der Freskolünette im 1. Kreuzgang von S. Marco in Florenz, nach 1613

Rötel auf Papier, 13,8 x 20,2 cm

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17327

Literatur:

Thiem 1977/1, S. 340, Abb. 276; Monbeig-Goguel 1981, S. 269, Anm. 33; Acanfora 1989, S. 81f., 95, Anm. 59; Monbeig-Goguel 2005, S. 188 (als Kopie)

1613 schuf Sigismondo Coccapani für den Kreuzgang von S. Marco in Florenz ein Fresko, das eine selten dargestellte Szene aus dem Leben des hl. Bischofs Antoninus Pierozzi von Florenz zeigt, nämlich die Bestrafung von zwei blinden Betrügern. Die Legende berichtet, ein ehrbarer Florentiner Bürger habe sich bei dem Heiligen beklagt, weil ihm die Mittel fehlten, seine drei Töchter für die Hochzeit auszustatten. Der Heilige riet ihm, sich täglich in die Kirche SS. Annunziata zu begeben. Die Muttergottes werde ihm helfen. Eines Tages traf der Vater dort zwei angebliche Blinde, die sich brüsteten, 200 Dukaten in der Kappe bzw. 300 im Gewand verborgen zu haben. Antonius stellte die Blinden zur Rede und übergab das Geld dem Vater für seine Töchter.

Auf dem Fresko, das Teil einen umfangreichen Zyklus zum Leben des Heiligen ist, der seit 1602 von Künstlern wie Poccetti (1548–1612), Rosselli (1578–1650) und dem Bologneser Tiarini (1577–1668) geschaffen wurde, sind rechts die beiden falschen Blinden in einer Studierstube dargestellt. Neben ihnen steht ein Tisch, an dem ein Mann, vermutlich der Vater, die Dukaten aus der Kappe entnimmt. Dabei wird er vom hl. Antoninus beobachtet, der im Zentrum der Darstellung umgeben von mehreren Dominikanermönchen sich auf einem Sessel niedergelassen hat.

Zu dem Fresko haben sich mehrere Zeichnungen erhalten, über deren Zuschreibung an Coccapani sich die Forschung nicht immer einig war. Neben einem detailliert ausgearbeiteten Entwurf in brauner Feder mit blauer Lavierung in den Uffizien[1], der nach Elisa Acanfora zur Vorlage beim Auftraggeber gedacht gewesen sein könnte, hat sich eine flüchtiger ausgeführte Zeichnung in größerem Format, aber in derselben Technik im Louvre[2] erhalten (Abb. 1), die wegen der blauen Lavierung zeitweise dem Lehrer von Coccapani, Cigoli (1559–1613), zugeschrieben wurde, der diese Technik häufiger angewandt hat. Ein dritter Entwurf in Brno[3] konzentriert sich auf die Disposition der zentralen Figurengruppe und verzichtet auf einige Nebenfiguren im Hintergrund sowie auf die Beschreibung des Raumes.

Das kleinformatige Kasseler Blatt in Rötel war der Forschung bislang nur durch ein Schwarzweißphoto der Witt Library bekannt, das vermutlich angefertigt wurde, als das Blatt in den 1950er Jahren im Frankfurter Kunsthandel veräußert wurde. Ob Herzog es bereits in dieser Zeit oder erst später erworben hat, ist nicht bekannt. Auf dem alten Auflagekarton war ohne weitere Angaben ein Ausschnitt aus einem französischsprachigen Auktionskatalog aufgeklebt, in dem das Blatt unter Nr. 152 als Bernadin Pocchietti angeboten wurde. Die Zuschreibung an Coccapani erfolgte vermutlich durch Erich Herzog.

In der Forschung wurde die Zuweisung des Blattes an Coccapani stets skeptisch beurteilt. In der Tat spricht die unsichere Strichführung und die geringe Qualität der Zeichnung eher für eine Kopie nach dem Fresko als für eine Zeichnung, die im Zuge des Entwurfsprozesses vom ausführenden Künstler selbst angefertigt wurde. So stimmt die Kasseler Zeichnung denn auch in allen Details mit dem Fresko überein, während die erhaltenen Entwurfszeichnungen alle in denselben Punkten von dem Fresko abweichen. Am deutlichen sind diese Abweichungen in der Haltung der Figur zwischen dem Heiligen und dem Vater.

[1] Schwarze Kreide, Feder in Braun, blau laviert, 28 x 42,1 cm, Florenz, Uffizien, Inv. Nr. 1092F (Monbeig-Goguel 1981, S. 268f., Anm. 34, Abb. 11; Acanfora 1989, S. 81, Abb. 54a). Christel Thiem hält das Blatt dagegen eher für eine Nachzeichnung (Thiem 1977/1, S. 342).

[2] Schwarze Kreide, Feder in Braun, blau laviert, 20,6 x 39,4 cm, Paris, Musée du Louvre, Inv. Nr. 1067 (Monbeig-Goguel 2005, Nr. 203 mit Abb.). In einer älteren Publikation hatte Catherine Monbeig-Goguel das Blatt zunächst in Anlehnung an Philipp Pouncey Cigoli zugeschrieben (Monbeig-Goguel 1981, S. 267).

[3] Feder in Braun, blau laviert, 25 x 41 cm, Brno, Moravkà galerie, Inv. Nr. B. 10114 (Acanfora 1989, S. 82, Abb. 54b).

Veröffentlicht am 06.09.2008

Letzte Aktualisierung am 05.02.2009

Abb. 1

Abb. 1

Sigismondo Coccapani

Paris, Musée du Louvre, Inv.Nr. Inv. Nr. 1067

© Paris, Musée du Louvre

Veröffentlicht am 10.09.2008

Letzte Aktualisierung am 10.02.2009

Abb. 1