Jacopo Palma il Giovane zugeschrieben

(Venedig um 1548 – Venedig 1628)

Venus in der Schmiede des Vulkan, um 1605

Schwarze Kreide, weiß gehöht auf braunem Papier, kaschiert, 18,5 x 29 cm (unregelmäßig beschnitten)

Unten rechts mit brauner Feder bez.: Palma

Provenienz:

Mathias Poliakowits, Paris; Dr. Robert Keil, Kunsthandel Wien

GS 17023

Literatur:

Mason Rinaldi 1984, S. 162, Nr. D 157, Abb. 406; Kat. Venedig 1990, S. 216 mit Abb.; Kat. Kassel 2000, S. 44, Nr. 14, Abb. S. 45

Im August 1750 erwarb Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel gemeinsam mit 63 anderen Bildern aus der Sammlung von Valerius Röver in Delft das Gemälde „Venus in der Schmiede des Vulkan“ des Venezianers Jacopo Palma il Giovane[1] (Abb. 1). In delikater farblicher Gestaltung zeigt der Maler die Göttin der Liebe nackt auf einem Prunkbett, den Oberkörper vor einem roten Vorhang, den Rumpf auf einem weißen Laken, die Beine auf kostbarem blauem Tuch. Venus stützt ihren voluminösen Körper auf den linken Arm auf und wendet sich mit über den Kopf erhobenem rechtem Arm ihrem Sohn zu, dem kleinen Amorknaben, der vor ihr auf einem Kissen kniet. Zärtlich berührt Amor Venus am Kinn, um sie zu küssen. Die stille Intimität der Szene wird noch gesteigert durch die Anordnung der Arme von Mutter und Sohn, die als kreisförmiger Rahmen die beiden Köpfe umfassen, die sich im Kuss begegnen.

Links neben den beiden Figuren öffnet sich der Raum und der Betrachter blickt in eine Schmiede, in der im Hintergrund drei Männer vor offenem Feuer am Amboss arbeiten. Erst diese Szene gibt den Schlüssel zum Verständnis der dargestellten Erzählung: Nach Vergils „Aeneis“[2] bat Venus Vulkan um Waffen, die ihren Sohn Aeneas unbesiegbar machen sollten. Das Kasseler Gemälde zeigt den göttlichen Schmied bei der Arbeit, während Venus im Vordergrund verheißungsvoll ihren Körper zur Schau stellt.

Die Forschung hat mehrere Zeichnungen als Vorstudien zu dem Kasseler Gemälde herangezogen. Nur die vorliegende Kreidezeichnung lässt sich aber eindeutig auf das Gemälde beziehen. Die Federzeichnung aus Londoner Privatbesitz,[3] die vier Männer um einen Amboss zeigt und stets als Vorstudie zu der Szene im Hintergrund herangezogen wurde, weicht so stark von der ausgeführten Version ab, dass der Zusammenhang m. E. nur thematisch gegeben ist. Da Palma il Giovane dieses Sujet jedoch noch ein zweites Mal dargestellt hat, nämlich auf einem Gemälde in Paduaner Privatbesitz,[4] könnte sich die Londoner Zeichnung auch auf dieses Bild beziehen – ebenso wie zwei weitere Studien aus der Sammlung Ratjen in Vaduz, die von der älteren Forschung noch mit dem Kasseler Gemälde verbunden wurden, nunmehr jedoch einhellig auf die um 1590, also früher entstandene Version des Themas in Padua bezogen werden.[5]

Die Eigenhändigkeit der Kasseler Zeichnung, die mit der ausgeführten Version übereinstimmt, wurde bislang von der Forschung nicht Frage gestellt, obwohl die Zeichnung im Vergleich zu anderen Vorstudien in Kreide von Palma il Giovane in der Strichführung eher undifferenziert wirkt. Auch vermögen die Verschattungen und die Verkürzungen des Körpers der Venus in einigen Partien nicht zu überzeugen.

[1] Museumslandschaft Hessen Kassel, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv. Nr. GK 502 (Schnackenburg 1996, S. 213, Taf. 306).

[2] Aeneis 8, 370–415.

[3] Schwarze Kreide, Feder in Braun, braun laviert, 18 x 27,3 cm (Mason Rinaldi 1984, Nr. D 98, Abb. 407).

[4] Venus in der Schmiede des Vulkan, 1590–1595, Leinwand, 120 x 200 cm (Mason Rinaldi 1984, Nr. 191, Abb. 134).

[5] Kat. München 1977, Nr. 66 mit Abb.; Lehmann 1986, S. 40, Abb. 14, 15.

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 10.02.2009

Abb. 1

Abb. 1

Jacopo Palma il Giovane

Museumslandschaft Hessen Kassel, Inv.Nr. Inv. Nr. GK 502

© Museumslandschaft Hessen Kassel (Foto: Gabriele Bößert, Ute Brunzel, Arno Hensmanns)

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 13.08.2009

Abb. 1