Marco Benefial

(Rom 1684 – Rom 1764)

Vision der hl. Katharina Fieschi von Genua, um 1737

Schwarze und weiße Kreide auf braunem Papier, auf Karton kaschiert, 30 x 24,3 cm

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17064

Literatur:

unpubliziert

Lebhaft ausgeführte Kreidestudien auf farbigem Papier kennzeichnen das zeichnerische Werk des Römers Marco Benefial.[1] Auf dem vorliegendem Beispiel hat er mit seinen charakteristischen, enggeführten Zickzackschraffen in schwarzer Kreide und mit feinen Weißhöhungen eine weibliche Gestalt auf das braune Papier gebannt, die in Seitenansicht an ihrem Schreibtisch sitzt. Mit der Feder in der rechten und einem Stück Papier in der linken Hand hält die Dargestellte gerade im Schreiben inne. Voller Spannung hat sie sich leicht aus ihrem Sitz erhoben und blickt in die Ferne.

Wer die Dargestellte ist und welchem Zweck die Zeichnung diente, konnte erst durch einen Stich (Abb. 1) geklärt werden, den Jean Charles Allet (um 1668 – nach 1737)[2] nach einer Vorlage von Benefial stach. Der Stich ist betitelt „S. CATHARINA FLISCA ADURNA IANNENSIS VIDVA“ und zeigt die Genueser Mystikerin und Stadtpatronin Katharina Fieschi Adorno (1447–1510) in der Pose der Kasseler Studie, mit der Benefial die Figur erprobte. Nur ihre Kleidung ergänzte er im Stich durch einen steifen Kragen und fügte den Heiligenschein hinzu. Weiter erscheinen jetzt zwei Engel von lichten Strahlen hinterfangen in der rechten oberen Bildecke, um zu verdeutlichen, dass die Dargestellte gerade eine ihrer himmlischen Visionen empfängt.

Katharina von Genua wurde am 16. Juni 1737 durch Papst Clemens XII. heiliggesprochen.[3] Nach einer Vision der Kreuztragung Christi im Jahr 1473 beschloss sie, das mondäne Leben, das sie nach ihrer Verheiratung mit dem Geschäftsmann Giulio Adorno geführt hatte, aufzugeben und Buße zu leisten. Ihre Visionen und mystischen Erfahrungen wurden in mehreren Schriften festgehalten.

Marco Benefial hat sich bereits 1736 ein erstes Mal mit der Heiligen beschäftigt. Im Auftrag von Kardinal Neri Corsini schuf er ein Gemälde, auf dem die Heilige in kostbarer modischer Kleidung im Gebet auf einem Kissen kniet, während ihr der kreuztragende Christus erscheint.[4]

Der Stich ist ein Jahr später in das Jahr ihrer Heiligsprechung datiert, die vermutlich den Anlass zu seiner Entstehung gab. Er könnte als Illustration zu ihrer Vita erschienen sein oder als selbständiges kleines Andachtsbild. Die Titel „Dialogo tra l’anima ed il Corpus“ und „Trattato del Purgatorio“, die auf den Papieren, die die Heilige in den Händen hält, verzeichnet sind, entsprechen ihren wichtigsten Schriften.

[1] Vgl. etwa Kat. Berlin 1969, Nr. 19–47; Kat. Düsseldorf 1990, Nr. 1–2, 5; Dooren 2008.

[2] Der Stich ist unten rechts in der Platte bezeichnet: „Io Carolus Alet delin. et sculp. Rome […] 1737“. Der französische Stecher Jean Charles Allet signierte mit Carolus Alet oder Jean Charles Allet. Sein Todesdatum ist bislang unbekannt. Das AKL gibt „1732?“ an.

[3] Zu ihrer Vita vgl. BBKL, Bd. 27, Sp. 731–736.

[4] Rom, Galleria Nazionale d’Arte Antica, Palazzo Corsini (Kat. Rom 2005/2006, S. 59, Abb. 9).

Veröffentlicht am 08.09.2008

Letzte Aktualisierung am 10.09.2008

Abb. 1

Abb. 1

Jean Charles Allet nach Marco Benefial

Inv.Nr. ohne Inv. Nr.

© Witt Library, Courtauld Institute of Art, London

Veröffentlicht am 05.02.2009

Letzte Aktualisierung am 13.08.2009

Abb. 1