Unbekannt


Allegorie der Europa, um 1730

Schwarze Kreide, Feder in Braun, braun laviert auf Papier, 19,6 x 16,3 cm

Provenienz:

E. B. (Lugt 828c); Adolf Klein, Frankfurt a. M. (Lugt 2786b); Bernhard Funk, München (nicht bei Lugt); Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 18183

Literatur:

Auktionskat. Karl und Faber 1973, Nr. 211 (als Venezianer, 18. Jh.)

Darstellungen der vier Erdteile waren im 17. und 18. Jahrhundert zur Dekoration von profanen wie sakralen Innenräumen ausgesprochen beliebt.[1] Der vorliegende Entwurf zu einer Allegorie der Europa, der aufgrund der starken Untersicht für eine Deckenmalerei gedacht gewesen sein wird, orientiert sich an der zweiten illustrierten Ausgabe der „Iconologia“ von Cesare Ripa, die 1603 erschien und bis ins 18. Jahrhundert hinein die Darstellung der vier Kontinente prägte.[2] Als Hinweis auf ihre Vormachtstellung über die anderen Erdteile erscheint die weibliche Personifikation der Europa reich gekleidet und bekrönt. Sie thront auf einem Pferd, das ihr ebenso wie die Waffen als Hinweis auf die überlegene Kriegskunst Europas mitgegeben wurde. Ein Putto eilt mit einem reich gefüllten Füllhorn vorbei. Der Tempietto in ihrer rechten Hand wurde durch Ripa als Attribut der Europa eingeführt. Als Sinnbild der Grabeskirche verweist er auf das Christentum, auf dem der Vorrang Europas gründet. Für die Wissenschaften und den geistigen Rang des Erdteils stehen die Eule und das Buch. Da die Zeichnung links beschnitten ist, schlossen sich möglicherweise noch weitere Attribute, etwa Musikinstrumente oder Malgeräte für die Künste, an.

Die über einer Kreidezeichnung mit der Feder rasch und sicher ausgeführte Skizze zeigt mit ihrer lockeren Zeichenweise die Charakteristika der venezianischen Zeichenkunst. Erich Herzog hatte sie Gaspare Diziani (1689–1767) zugewiesen, eine Zuschreibung, die nicht zu überzeugen vermag. Eine ikonographisch vergleichbare Darstellung der Europa mit denselben Attributen in anderer Anordnung schuf etwa Giambattista Crosato (1697?–1758) um 1753 für die Decke des Ballsaales in der Ca’ Rezzonico in Venedig.[3]

[1] Poeschel 1985.

[2] Vgl. auch im Folgenden Poeschel 1985, S. 99–106.

[3] Pallucchini 1995, Bd. 1, Abb. 215.

Veröffentlicht am 19.01.2009

Letzte Aktualisierung am 16.02.2009