Gaspare Diziani
(Belluno 1689 – Venedig 1767)Christus im Garten Gethsemane, um 1740
Graphit, Feder in Braun, braun laviert auf Papier, alt montiert, 14 x 22,1 cm
Unten links mit Graphit bez.: Fontebasso fec.; rückseitig auf dem Auflageblatt: Fontebasso fc.
Provenienz:
Carl König, Wien (Lugt 583); Nachlass Erich Herzog, Kassel
GS 17102
Literatur:
unpubliziert
Die kleinformatige, schwungvoll ausgeführte lavierte Federzeichnung von Gaspare Diziani lebt von den starken Hell-Dunkel-Kontrasten und den extremen Beleuchtungseffekten, die der Zeichner zur Dramatisierung des nächtlichen Geschehens am Ölberg eingesetzt hat. Die rechteckige Aussparung des ohnehin schmalen Bildfeldes in der linken unteren Hälfte spricht dafür, dass es sich um einen Entwurf handelt, der an einer Tür- oder Fensteröffnung angebracht und vermutlich von einem Pendant auf der gegenüberliegenden Seite begleitet werden sollte. Geschickt hat es Diziani verstanden, diese Aussparung in seine Komposition einzubeziehen. Sie wird gewissermaßen zum unteren Teil des Ölberges, vor dem Christus ins Gebet vertieft kniet. Den Engel, der gerade von links oben vom Himmel herabgeschwebt ist, so dass sein rechter Flügel noch in die schmale, oberhalb der Aussparung verbliebene Bildfläche hineinragt, scheint Christus noch nicht wahrgenommen zu haben. Ein breiter, das gesamte Bildfeld diagonal durchziehender Lichtstrahl hebt den Engel wie auch Christus als Hauptpersonen des Geschehen hervor und schließt die himmlische Zone mit der irdischen zusammen. Rechts scheint hell der Vollmond unter den dunklen Zweigen eines Baumes hervor. Darunter schläft einer der Jünger.
Diziani hat die Zeichnung in groben Zügen mit schwarzer Kreide angelegt und hat sie dann mit der Feder und einer großflächigen braunen Lavierung überarbeitet, von der sich der helle Papierton, den die Lavierung in den beleuchteten Partien ausspart, effektvoll abhebt. Die kurzen, immer wieder neu ansetzenden Konturstriche, die partiell durchscheinende Kreidevorzeichnung und die fleckenhafte Lavierung unterstreichen die atmosphärische Wirkung der nächtlichen Szenerie.
Gaspare Diziani hat sich mehrfach in Gemälden und Zeichnungen mit dem Thema „Christus im Garten Gethsemane“ auseinandergesetzt.[1] In der Gestaltung des stimmungsvollen Landschaftshintergrundes mit Zaun und Vollmond, in der Haltung Christi und in der Inszenierung des Lichtes weist das Kasseler Blatt am meisten Übereinstimmungen mit einem Gemälde auf, das sich in einer Privatsammlung in Modena befindet und von Pilo[2] um 1730 datiert wurde, da es deutlich den Einfluss von Sebastiano Ricci zeigt. Die Übereinstimmungen mit diesem Gemälde sprechen dafür, dass die Kasseler Zeichnung ebenfalls in diesem Zeitraum entstanden ist.
[1] Vgl. etwa die Gemälde: Modena, Privatbesitz (Pilo 1976, Abb. 101); Bologna, Collezione Cortinovis (Zugni-Tauro 1971, S. 67; Martini 1964, Abb. 173); außerdem die Zeichnungen des Museo Correr in Venedig, Inv. Nr. 5608 (Kat. Bergamo 1984, Nr. 30), sowie im Kunsthandel (Aikema 1980, S. 11, 18, Anm. 22, Abb. 11). – Bernard Aikema, Venedig, hat die Zuschreibung an Diziani freundlicherweise bestätigt (E-Mail vom 25.08.2008).
Veröffentlicht am 11.09.2008
Letzte Aktualisierung am 06.02.2009