Pietro Antonio Novelli

(Venedig 1729 – Venedig 1804)

Hl. Marcus, um 1762

Schwarze Kreide, Feder in Schwarz, graubraun laviert auf Papier, 21 x 15,4 cm

Rückseitig unten links mit schwarzer Kreide bez.: N4 / P.A.Novelli

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17128

Literatur:

unpubliziert

Der begehrte venezianische Dekorationsmaler und Illustrator Pietro Antonio Novelli hat den Schutzpatron seiner Vaterstadt, den Evangelisten Markus, mehrfach dargestellt: „Für Signor Marco Pitteri, den berühmten Kupferstecher, malte ich“, so schrieb er in seinen Lebenserinnerungen, „einen heiligen Markus als Halbfigur. Als diesen Seine Durchlaucht, der Doge Marco Foscarini, sah, gefiel er ihm so sehr, dass er ihn für vier Tage in seinem Zimmer bei sich behalten wollte […].“[1]

Da Marco Foscarini nur ein Jahr, von 1762 bis 1763, Doge war, kann das von ihm bewunderte Gemälde, das sich heute im Museo Correr in Venedig befindet,[2] zeitlich präzise eingeordnet werden. Es zeigt den Evangelisten in einer dynamischen, diagonal angelegten Komposition. Marcus blickt sinnend vor sich, als halte er im Schreiben inne. Mit seiner linken Hand hat er ein aufgeschlagenes Buch gepackt, den Löwenkopf nutzt er gewissermaßen als Buchstütze. Die rechte hält die Feder. Nach diesem Gemälde hat der Sohn von Pietro Antonio, Francesco, eine seitenverkehrte Radierung geschaffen.[3]

Die Kasseler Zeichnung und eine Variante in den Uffizien[4] (Abb. 1) scheinen im Zusammenhang mit dem Gemälde entstanden zu sein. Die beiden in Format und Technik übereinstimmenden Blätter lassen sich in einen zeitlichen Ablauf bringen: Während Markus auf dem Kasseler Blatt noch nach oben blickt, um die göttliche Vision zu empfangen, hat sie ihn auf der Version der Uffizien bereits erreicht. Der Evangelist blickt auf das vor ihm liegende Buch, um das Empfangene zu Papier zu bringen. Offensichtlich erprobte Novelli in beiden Zeichnungen verschiedene Stationen der Erzählung und variierte dabei jeweils die Anordnung der einzelnen Kompositionselemente. Im Vergleich zur ausgeführten Fassung fällt die Dynamisierung der Komposition in den Zeichnungen durch die starke Untersicht auf, mit der der Blick des Betrachters über den Löwenkopf und das Buch auf das Gesicht des Evangelisten fällt.

Kompositionell weist die Kasseler Zeichnung große Übereinstimmungen mit einer verlorenen Zeichnung Guercinos (1591–1666) auf, die durch einen Stich von Giovanni Battista Pasqualini (1595–1631) überliefert und verbreitet wurde.[5] Die Gemeinsamkeiten sind so weitreichend, dass davon ausgegangen werden kann, dass Novelli der Stich bekannt war und dass er ihm entscheidende Anregungen für seinen Entwurf geliefert hat.

Um 1790 hat Novelli sich nochmals mit dem Thema beschäftigt und den hl. Markus schreibend als Ganzfigur dargestellt.[6]

[1] Zit. nach Kat. Überlingen 2004, S. 166.

[2] Pignatti 1960, S. 273 mit Abb.

[3] Pavanello 1999, S. 113, Anm. 88, Abb. 64.

[4] Feder in Schwarz, graubraun und braun laviert, 21 x 15,5 cm, kaschiert, auf dem größeren Auflageblatt nummeriert „3“, Florenz, Uffizien, Inv. Nr. UFF 7996S.

[5] Bagni 1988, Abb. 12.

[6] Pignatti 1996, S. 100, Nr. 1277.

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 11.09.2008

Abb. 1

Abb. 1

Pietro Antonio Novelli

Florenz, Uffizien, Inv.Nr. Inv. Nr. UFF 7996S

© Sopraintendenza Speziale per il Patrimonio Storico, Artistico ed Etnoantropologico e per il Polo Museale della Città di Firenze

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 24.07.2009

Abb. 1