Unbekannt


Begegnung zweier Heerführer, um 1600

Feder in Braun, braun laviert auf Papier, alt montiert, 11 x 11,6 cm

Unten links mit brauner Feder bez.: Palma; rückseitig: G. P. no: 170

Provenienz:

Zaccaria Sagredo, Venedig; Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17313

Literatur:

unpubliziert

Die kleinformatige, zügig auf das Papier gebrachte Skizze, deren Thema bislang noch nicht identifiziert werden konnte, zeigt zwei Heerführer mit aufwendiger, hier nur angedeuteter Helmzier. Die beiden Männer schreiten mit einem großen Schritt aus ihrem Gefolge heraus aufeinander zu, um sich die Hände oder einen nicht näher zu bestimmenden Gegenstand zu reichen. Die Begegnung der beiden Hände hebt sich im Zentrum der Darstellung vor dem Ausblick in die Landschaft wirkungsvoll von den eng gedrängten Personengruppen ab, die sich hinter ihrem jeweiligen Anführer versammelt haben. Trotz der ausgesprochen raschen Ausführung werden die einzelnen Personen von ihrer Körperhaltung her differenziert und subtil geschildert. So scheint die weibliche Begleiterin links in demütig gebeugter Haltung und mit schräg gestelltem Kopf das Geschehen aufmerksam zu beobachten. Möglicherweise trägt sie in ihren Armen etwas herbei. Weitere Personen aus dem Gefolge wie der Helfer rechts, der seinem Anführer den Schild abgenommen hat, deutet der Zeichner in extremen Kürzeln nur an.

Die auffällige Montierung des Blattes, das an allen vier Ecken auf längliche, über die Zeichnung hinausragende Papierlaschen geklebt und erst dann auf einem grünlichen Untersatzpapier befestigt wurde, weist es eindeutig der venezianischen Sammlung Sagredo-Borghese zu,[1] die unter dem Dogen Nicolò Sagredo (gest. 1676) Mitte des 17. Jahrhunderts begonnen wurde. Nach dem Tod von Nicolò kam die Sammlung in den Besitz seines Bruders Stefano Sagredo (1620–1685). Die bedeutende Handzeichnungssammlung ist vor allem auf dessen Sohn Zaccaria (1653–1729) zurückzuführen. Ab 1743 wurde die Sammlung veräußert und u. a. August dem Starken, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, zum Erwerb angeboten. Ein von Francesco Algarotti zusammengestelltes Inventar der Klebebände, die über 4200 Zeichnungen umfassten, hat sich im Staatsarchiv Dresden erhalten, ist aber so summarisch, dass einzelne Zeichnungen nur im Einzelfall nachzuweisen sind.[2]

Wie bei dem Kasseler Exemplar tragen die Blätter der Sagredo-Sammlung häufig Zuschreibungen auf der Vorderseite und rückseitig ein Kürzel für die Schule, der das Blatt zugeordnet wurde. Der Zuschreibung an Palma il Giovane (1544–1628) kann heute nicht mehr zugestimmt werden. Dessen charakteristische Konturführung, durch die etwa an Armen und Beinen die einzelnen Muskelpartien mit kurzen, immer wieder neu ansetzenden bogenförmigen Strichen deutlich herausgearbeitet wird, weicht von der zuweilen kantigen, fast zackigen, zuweilen krakelig gebogenen Linienführung dieses Zeichners deutlich ab. Vergleichsbeispiele für die typischen Abbreviaturen etwa bei den Füßen oder die spitzen Nasen im Profil findet man etwa im weiteren Umkreis von Alessandro Maganza (1556 – nach 1630), der in seiner Anfangszeit unter dem Einfluss von Veronese (1528–1588) stand, dem auch diese Zeichnung noch verpflichtet ist.[3] Die Linienführung von Maganza ist aber insgesamt runder, schwungvoller und geschlossener, so dass die Zuschreibung der Kasseler Skizze bislang offenbleiben muss.[4]

[1] Den Hinweis auf die Sammlung Sagredo-Borghese verdanke ich Pierre Rosenberg, Paris. Zur Sammlung Sagredo vgl. Scarpa 1987; Rearick 1995; Mazza 2004.

[2] Das Inventar ist publiziert bei Mazza 2004, S. 299–301.

[3] Vgl. etwa Shaw 1983, Nr. 252, 256; Mataresse 1997/1998, S. 25; Kat. Brno 2003, Nr. 21.

[4] Bert W. Meijer hält die Zuschreibung an ein Mitglied der Maganza-Familie zwar für nicht sehr wahrscheinlich, kann sie aber auch nicht gänzlich ausschließen (freundliche Mitteilung vom 09.06.2006).

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 10.02.2009