Pier Francesco Mola

(Coldrerio bei Como 1612 – Rom 1666)

Landschaft, um 1650

Graue Kreide auf braunem Papier, 19,4 x 28,2 cm

Oben rechts mit schwarzer Feder bez.: 166

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17123

Literatur:

unpubliziert

Pier Francesco Mola hat sich in seinem malerischen und zeichnerischen Werk intensiv der Landschaftsdarstellung gewidmet. Gerade aus den 1640er Jahren haben sich kleinformatige Kabinettbilder erhalten, in denen die figürliche Staffage mit ihrem religiösen oder mythologischen Inhalt in den Hintergrund rückt und die Landschaft zum eigentlichen Thema wird. Bei der Kasseler Landschaftszeichnung in weicher Kreide auf grob strukturiertem, braunem Papier wird es sich um eine erste Idee für ein derartiges Gemälde handeln. In ihrem Zentrum zeigt sie eine kleinformatige figürliche Staffage, eine stehende Figur, die sich gestikulierend einer vor ihr sitzenden oder hockenden Person zuwendet. Da die beiden Figuren nur sehr schemenhaft angedeutet sind, konnte die Szene inhaltlich bislang nicht gedeutet werden, zumal sich kein Gemälde aufweisen lässt, mit dem die Skizze in Zusammenhang steht. Gewisse Übereinstimmungen in der Figurenanordnung sowie im raschen, malerischen Umgang mit der Kreide weist das Blatt „Tobias und der Engel“ des Martin von Wagner-Museums der Universität Würzburg auf.[1] Da die stehende Gestalt in Kassel jedoch keine Flügel besitzt, wird hier ein anderes Thema dargestellt sein.

Mola hat die Landschaft in verschiedenen Schichten aufgebaut und durch malerisch ineinandergewundene Baumgruppen, Felsbrocken und Buschwerk gegliedert. Im Vordergrund erschließt die Biegung eines Weges den Bildraum. Bei einem hell belassenen Streifen, der sich von rechts unten schräg nach oben zieht, könnte es sich um einen Flusslauf handeln. Zum Hintergrund hin werden die Kreidestriche immer zarter und die Baumgruppen immer verschwommener. Durch die verschiedenen Valeurs der Kreide vom tiefen Schwarz bis zum zarten Grau, durch seine freie, abwechslungsreiche Strichführung und das weiche Zeichenmaterial auf dem groben, in Partien freibelassenen Papier unterstreicht Mola den malerischen, lichtdurchfluteten Charakter der Landschaft, die stilistisch Blättern nahesteht wie der Studie zum „Narziss“ in Neapel.[2]

[1] Schwarze Kreide, 13,7 x 19,6 cm, Würzburg, Martin von Wagner-Museum, Inv. Nr. 7868. Sonja Brink, Düsseldorf, hat mich freundlicherweise auf diese Zeichnung aufmerksam gemacht. Sie hat auch die Zuschreibung der Kasseler Zeichnung an Mola bestätigt.

[2] Graue Kreide, 18,3 x 26,5 cm, Neapel, Museo Nazionale di Capodimonte, Inv. Nr. 733 (Cocke 1972, S. 51f., Abb. 15).

Veröffentlicht am 08.09.2008

Letzte Aktualisierung am 11.09.2008