Carlo Francesco Rusca

(Toricella im Tessin 1696 – Mailand 1769)

Portrait Landgraf Wilhelms VIII. von Hessen-Kassel, um 1733

Schwarze und blaue Kreide, weiß gehöht auf blauem Papier, 30,5 x 21,7 cm

Provenienz:

Bis 1975 Arno Winterberg, Heidelberg

GS 19160

Literatur:

Auktionskat. Kunstantiquariat Arno Winterberg 18.–19. April 1975, Nr. 453 mit Abb. (als französisch); Kat. Kassel 2000, S. 104, Nr. 45, Abb. S. 105

Die sorgfältig ausgeführte, in den Proportionen jedoch eher ungelenke Kreidezeichnung auf blauem Papier zeigt den späteren Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel als Dreiviertelfigur in einer klassischen herrscherlichen Pose. Der Statthalter wendet sich nach rechts und stützt dabei seinen Kommandostab mit der rechten Hand vor sich auf einen Felsen. Sein linker Arm weist in die Bildtiefe. Die üppige Allongeperücke, der Brustpanzer, über dem der Weiße Adler Orden hängt, die breite Schärpe und der schwungvoll über die Schulter geworfene hermelingefütterte Mantel verraten seinen Status.

Die Zeichnung entspricht dem Typus des barocken Herrscherportraits, wie es um 1700 in Frankreich von Hyacinthe Rigaud (1659–1743) für Ludwig XIV. entwickelt und im Verlauf des 18. Jahrhunderts an allen europäischen Höfen verbindlich wurde.[1] Es ist anzunehmen, dass die Zeichnung, als sie 1975 ohne Zuschreibung im Kunsthandel auftauchte, aufgrund dieses Portraittypus als „französisch“ deklariert wurde. Erich Herzog, damals noch Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel, hatte erkannt, dass es sich um eine Vorzeichnung zu einem Portrait Wilhelms VIII. in der Kasseler Gemäldegalerie[2] (Abb. 1) von dem aus dem Tessin stammenden Wandermaler Carlo Francesco Rusca handelte, der nach seiner Ausbildung bei Jacopo Amigoni (1682–1752) in Venedig und einem Aufenthalt in der Schweiz von 1733 bis 1736 am Kasseler Hof tätig war und dort mehrere Bildnisse von Mitgliedern der landgräflichen Familie schuf. Das Gemälde, das im Vergleich zur Zeichnung nur geringfügige Veränderungen vor allem in der Draperie des Mantels aufweist, stammt aus dem Besitz der Familie von Buttlar und kam 1963 als Vermächtnis von Lily Treusch von Buttlar-Brandenfels in die Kasseler Galerie. Vermutlich schenkte Wilhelm VIII. das Portrait einem Mitglied der Familie, die im 18. Jahrhundert wichtige militärische und höfische Ämter inne hatte. Die Zeichnung wird in diesem Fall weniger der Vorbereitung des Gemäldes gedient haben als zur Vorlage und Genehmigung durch den Auftraggeber. Andere Zeichnungen von Rusca konnten bislang nicht ausgemacht werden.

[1] Schoch 1975, S. 22f.

[2] Öl auf Leinwand 137,5 x 107 cm, Museumslandschaft Hessen Kassel, Inv. Nr. GK 971 (Herzog 1969, Abb. 29). – Vgl. an weiteren Portraits der landgräflichen Familie von Rusca: Landgraf Wilhelm VIII. in ganzer Figur, Öl auf Leinwand, 250 x 157 cm, Museumslandschaft Hessen Kassel, Inv. Nr. GK 1166 (Schnackenburg 1996, Bd. 1, S. 267); Landgräfin Marie von Hessen-Kassel, Öl auf Leinwand, 127 x 100,5 cm, Museumslandschaft Hessen Kassel, Inv. Nr. VSG 1.1.740.

Veröffentlicht am 06.09.2008

Letzte Aktualisierung am 29.01.2009

Abb. 1

Abb. 1

Carlo Francesco Rusca

Museumslandschaft Hessen Kassel, Inv.Nr. Inv. Nr. GK 1166

© Museumslandschaft Hessen Kassel (Foto: Gabriele Bößert, Ute Brunzel, Arno Hensmanns)

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 13.08.2009

Abb. 1