Sebastiano Galeotti

(Florenz 1676 – Mondivì 1741)

Figurenstudie, um 1730

Feder in Braun, graublau laviert auf Papier, 18 x 9,4 cm

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 18164

Literatur:

unpubliziert

Der viel gereiste, in ganz Oberitalien tätige gebürtige Florentiner Sebastiano Galeotti ist vor allem durch seine Dekorationsmalereien bekannt geworden, mit denen er Kirchen und Paläste in Piacenza, Pisa, Parma, Como, Mailand, Vicenza, Lodi, Cremona, Genua oder Turin ausschmückte. Für diese Fresken sind mehrere Entwurfszeichnungen überliefert. Die qualitätvolle kleinformatige Federzeichnung einer schreitenden, in voluminöse, geraffte Gewänder gehüllten Figur steht dagegen in Beziehung zu einer bislang wenig beachteten Tätigkeit Galeottis. Rita Dugoni erwähnt in ihrer Monographie über den Künstler, dass er figürliche Staffagen für die Gemälde anderer Künstler angefertigt habe. So werden im Inventar der Sammlung von Giuseppe Ranunzio Balestrieri in Piacenza aus dem Jahr 1743 zwei Gemälde erwähnt von „Maurizio Lottici di Parma con le macchie di Sebastiano Galeotti“.[1] Weiter führt sie im Werkverzeichnis ein Ruinencapriccio einer unbekannten Hand aus Privatbesitz an,[2] dessen figürliche Staffagen aber Galeotti zugeschrieben werden können, und setzt diese Staffagefiguren in Beziehung zu zwei Zeichnungen des Florentiner Malers in Wien[3] und in New York[4], die dem Entwurf einzelner Figuren gewidmet sind bzw. Skulpturen wiederzugeben scheinen. Interessanterweise taucht eine der Figuren, die durch eine Standfläche eindeutig als Skulptur gekennzeichnet ist, auf beiden Blättern auf.

Mit den Zeichnungen in Wien und in New York zeigt das Kasseler Blatt nicht nur weitreichende stilistische, sondern auch motivische Übereinstimmungen. In allen drei Fällen handelt es sich um schreitende, in der Bewegung begriffene Figuren in aufgebauschten faltenreichen Gewändern, wie sie auf dem Capriccio in Privatbesitz als Staffagen auftauchen. Es ist durchaus denkbar, dass Galeotti ein Figurenrepertoire für derartige Aufträge entwickelt hat, auf das er durch den Zeichnungsfundus seiner Werkstatt jederzeit zurückgreifen konnte.

[1] Zit. nach Dugoni 2001, Nr. 38 und S. 246.

[2] Dugoni 2001, Nr. 38 mit Abb.

[3] Studienblatt mit zwei Figuren, Feder, grau laviert, 21,5 x 26,2 cm, Wien, Albertina, Inv. Nr. 37302 (Dugoni 2001, Nr. D49 mit Abb.).

[4] Studienblatt mit drei Figuren, Feder in Braun, grau laviert auf grauem Papier, 26,8 x 38,3 cm, New York, Sammlung Janos Scholz (Dugoni 2001, Nr. D50 mit Abb.).

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 09.02.2009