Nachfolge Sebastiano Ricci ?

(Belluno vor 1659 – Venedig 1734)

Studie zu der Samariterin vom Belvedere von Belluno, vor 1718

Feder in Braun, braun und grau laviert auf Papier, 28,1 x 23 cm

Rückseitig unten links mit Graphit bez.: Gio. Antonio Pellegrini

Provenienz:

Nachlass Erich Herzog, Kassel

GS 17146

Literatur:

unpubliziert

1710 erwarb Bischof Giovanni Francesco Bembo in der Umgebung von Belluno ein Grundstück, auf dem er sich durch den Architekten Paolo Tremognon einen Sommerwohnsitz errichten ließ.[1] Mit der Ausmalung verschiedener Säle sowie des Treppenhauses beauftragte er Sebastiano Ricci und dessen Neffen Marco (vor 1676–1729), die spätestens 1717 von einem längeren Aufenthalt in London und Paris nach Venedig zurückgekehrt waren. Drei Jahre später, 1720, werden die Wandmalereien im Testament von Bembo erwähnt. Sie müssen demnach zu diesem Zeitpunkt fertiggestellt gewesen sein.

Eine Vorstellung von der aufwendigen Dekoration des Saales im Piano nobile der Villa, die 1883 abgetragen wurde, überliefert ein Aquarell von Osvaldo Monti (1819–1904),[2] einem kunsthistorisch interessierten Illustrator, der sich für den Erhalt und die Dokumentation der regionalen Kunstdenkmäler einsetzte. Das Aquarell zeigt die Aufrisse der beiden Längsseiten des Saales übereinander. Danach schmückten neben einer Scheinarchitektur mit einem Ausblick in einen imaginären Raum, in dem sich unter anderen die beiden Maler portraitiert hatten, zwei biblische Szenen den Saal, eine Darstellung Christi und der Samariterin nach Johannes 4, 1–42, zu der sich ein Fragment mit dem Kopf der Samariterin im Museo Civico in Belluno erhalten hat,[3] sowie die Begegnung von Christus mit Maria Magdalena nach der Auferstehung.

Die Kasseler Zeichnung, die von Erich Herzog Sebastiano Ricci zu- und Giovanni Antonio Pellegrini (1675–1741) abgeschrieben wurde, scheint dem ersten Anschein nach eine rasch ausgeführte Studie zu der Samariterin zu sein und damit einen kleinformatigen Entwurf zur Gesamtkomposition in der Accademia in Venedig zu ergänzen[4], der deutlich von der realisierten Fassung abweicht.

Ähnlich wie bei der Kasseler Guardi-Zeichnung (vgl. GS 17112) scheinen jedoch auch in diesem Fall Zweifel an der Eigenhändigkeit der Kasseler Skizze angebracht zu sein. Zu eng ist die Anlehnung an die Entwurfszeichnung der Accademia, deren figürliche Darstellung nicht vorbereitet, variiert oder weiterentwickelt, sondern eher wiederholt zu sein scheint. Erneut hält sich der Zeichner eng an die Linienführung seiner Vorlage, lässt aber deren Präzision vermissen.

[1] Vgl. auch im Folgenden Derschau 1922, S. 88–92; Daniels 1976, Nr. 350; Lucco 1983, Nr. 48; Kat. Udine 1989, Nr. 41; Scarpa 2006, Nr. 21.

[2] Belluno, Museo Civico (Daniels 1976, Abb. 26).

[3] Inv. Nr. MCBL 584 (Scarpa 2006, Nr. 21).

[4] Schwarze Kreide, Feder in Braun, braun laviert, 17 x 15,3 cm, Venedig, Gallerie dell’Accademia (Kat. Udine 1975, Nr. 48).

Veröffentlicht am 11.09.2008

Letzte Aktualisierung am 14.08.2009